Prozesskosten sparen - wie komme ich günstig zu meinem Recht?
Frage: Künstler haben zwar einen gesetzlichen Anspruch auf Schadensersatz falls deren Werke unerlaubt verwertet wurden, haben aber praktisch keine Möglichkeit, ihr Recht durchzusetzen, falls sie nicht über das notwendige Kapital für eine Durchsetzung ihrer Rechte verfügen.
Sollte nun ein Urheber, der über kein ausreichendes Vermögen verfügt, aufgrund dieser Tatsache seine Schadensersatzforderungen grundsätzlich extrem niedrig ansetzen, auch wenn die angemessenen Schadensersatzforderungen eventuell wesentlich höher liegen, um die Kosten für einen Rechtsanwalt, das Gericht, usw. möglichst gering und somit für den Urheber auch bezahlbar zu halten?
Antwort:
Bei der Lösung des Problems gibt es verschiedene Möglichkeiten.
1. Prozesskostenhilfe
Verfügt ein Urheber über kein oder nur ein geringes Einkommen und Vermögen, besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe in Anspruch zu nehmen. Im Internet gibt es verschiedene Webseiten, die einen Prozesskostenhilferechner zur Verfügung stellen. Dort kann ein Urheber (oder sonstiger Rechtssuchender) prüfen, ob er in dem Fall, dass seine Klage Aussicht auf Erfolg hat, Prozesskostenhilfe in Anspruch nehmen könnte. Die Erfolgsaussichten der Klage werden vom Gericht geprüft.
Die Prozesskostenhilfe deckt die Kosten des eigenen Rechtsanwaltes sowie die Gerichtskosten. Nicht von der Prozesskostenhilfe umfasst sind dagegen die Kosten des gegnerischen Rechtsanwalts im Falle des Unterliegens im Rechtsstreit. Diese bleiben als Kostenrisiko somit in jedem Fall bestehen.
2. Teilklage
Eine weitere Möglichkeit, hohe Prozesskosten zu vermeiden, ist das Erheben einer Teilklage. Sowohl Anwalts- als auch Gerichtskosten werden nach dem sogenannten Streitwert berechnet. Prozesskostenrechner finden sich ebenfalls im Internet, z.B. auf der Webseite des Anwaltsvereins. Teilklage bedeutet, dass man nur einen Teil der Forderung einklagt. Zum Beispiel: bei einer Forderung von 10.000 € erhebt der Kläger eine Teilklage über nur 1.000 €. Obsiegt er, kann er 1.000 € beim Gegner vollstrecken und diesen auch auffordern, den Rest in Höhe von 9.000 € zu zahlen. Weigert er sich, muss der Urheber eine weitere Klage über den noch fehlenden Teil erheben. In dem zweiten Prozess kann der Gegner nicht geltend machen, dass kein Rechtsgrund (z.B. Urheberrechtsverletzung) für die Forderung besteht, da in dem ersten Prozess darüber bereits rechtskräftig entschieden wurde und der Gegner an die Feststellungen des ersten Urteils gebunden ist. Er kann nur noch Einwendungen gegen die Höhe der Forderung erheben. Deshalb wird der Gegner sich gut überlegen, ob er noch einen weiteren Prozess über sich ergehen lassen will, in dem die Wahrscheinlichkeit, zu unterliegen, noch höher ist als beim ersten Mal.
Der Nachteil der Teilklage ist, dass es länger dauert, bis der Kläger einen vollstreckbaren Titel über die gesamte Forderung erhält. Ebenfalls müssen Verjährungsfristen im Auge behalten werden. Denn für den (noch) nicht eingeklagten Teil laufen die Verjährungsfristen weiter. Eine Teilklage sollte deshalb frühzeitig erhoben werden und nicht erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfristen. Wenn der Prozess sich über mehrere Instanzen zieht, kann der Kläger auch gezwungen sein, die Klage auf die gesamte Forderung auszudehnen, um einer drohenden Verjährung zu entgehen. Schließlich besteht auch für die Gegenseite die Möglichkeit, Widerklage zu erheben und im Wege der sogenannten negativen Feststellungsklage eine Entscheidung über die gesamte Forderung herbei zu führen.
3. Schätzung der Schadensersatzhöhe
Bei Schadensersatzforderungen bietet sich zudem die Möglichkeit, die Höhe des Schadens in das Ermessen des Gerichts zu stellen. Das Gericht schätzt in diesem Fall den Schaden gemäß § 287 ZPO. Üblicherweise wird bei derartigen Anträgen ein Mindestbetrag, der auch lediglich 1 € betragen kann, angegeben. Ein solcher Antrag könnte beispielsweise lauten: den Beklagten zu verurteilen, einen angemessenen Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 500 €, zu zahlen. Bei der Berechnung von Prozesskosten gibt es sogenannte Gebührenstufen. Die erste Gebührenstufe geht bis zu einem Streitwert von 500 €, die zweite Gebührenstufe von 501 € bis 1000 € u.s.w. Wird also der Schadensersatzanspruch mit mindestens 500 € beziffert, so befindet man sich noch auf der ersten und damit niedrigsten Gebührenstufe. Das Gericht kann dennoch einen höheren Betrag zusprechen.
Allerdings besteht hier auch ein gewisses Risiko. Zum einen ist gegen ein Urteil, in dem das Gericht nur den Mindestbetrag zuspricht, keine Berufung möglich, um in der nächsten Instanz einen höheren Betrag zu erzielen. Denn wenn das Gericht den Mindestbetrag anerkennt, fehlt es an einer sogenannten „Beschwer“. Des Weiteren besteht das Risiko, dass der Gegner den Mindestbetrag einfach anerkennt, und das Gericht das Verfahren mit einem entsprechenden Anerkenntnisurteil beendet. Der Mindestbetrag sollte also nicht zu tief angesetzt werden und einer für den Kläger akzeptablen Abfindung für die erlittene Rechtsverletzung entsprechen.
4. Erfolgshonorar
Schließlich besteht noch die Möglichkeit, mit dem Rechtsanwalt ein Erfolgshonorar zu vereinbaren. Die Voraussetzungen für eine solche Vereinbarung finden sich in § 4a RVG. Je nach Vereinbarung kann das Prozesskostenrisiko hinsichtlich der eigenen Anwaltskosten im Falle des Unterliegens erheblich verringert oder gar ausgeschlossen werden. Die Vereinbarung hat natürlich keinen Einfluss auf möglicherweise zu zahlende Gerichtskosten und Anwaltsgebühren der Gegenseite.
5. Prozessfinanzierung
Zuletzt soll noch die Möglichkeit der Prozessfinanzierung erwähnt werden. Früher kam diese Möglichkeit ausschließlich bei Prozessen mit ganz erheblichen (mindestens fünfstelligen) Streitwerten in Betracht. Verbesserte Algorithmen und Legal Tech haben jedoch eine neue Entwicklung angestoßen, sodass das Modell der Prozessfinanzierung gerade eine Renaissance erlebt. Und so funktioniert es: der Prozessfinanzierer prüft zunächst die Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage. Fällt die Prognose günstig aus, übernimmt er das gesamte Prozessrisiko. Wird der Prozess verloren, so hat der Kläger keinerlei Kosten. Wird der Prozess gewonnen, erhält der Prozessfinanzierer einen prozentualen Anteil (zum Beispiel 30%) an dem erzielten Betrag. Die Prozessfinanzierung bietet somit erhebliche Vorteile gegenüber einem Erfolgshonorar, indem sie das gesamte Kostenrisiko abdeckt, und sich nicht auf die Kosten des eigenen Rechtsanwaltes beschränkt.