§ 24 UrhG - Freie Benutzung
(1) Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.
(2) Absatz 1 gilt nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird.
I. Grundsätzliches
Künstlerisches und geistiges Schaffen des Menschen baut seit jeher auf den auf, was den Menschen umgibt. Die Inspiration eines Künstlers hat einen Ursprung, sei es in der Natur, in der Traumwelt des Künstlers, in einer altertümlichen Statue oder in der Fabelwelt aus längst vergessenen Tagen. Keine Schöpfung entsteht aus dem Nichts. Wenn ein Werk allein der Vorstellungskraft und der Gedankenwelt seines Urhebers entspringt, so basiert auch diese letztendlich auf den Wahrnehmungen und Einflüssen aus seiner Umgebung. Der Mensch knüpft stets an dem Wissen seiner Ahnen an. Aber er beschränkt sich nicht auf die Quellen der Vergangenheit, er bedient sich auch derer der Gegenwart und der Zukunft. Große Leistungen und geniale Ideen sprechen sich oft schnell herum und finden schnell Anklang, aber auch Nachahmung. Das ist es, was den Schöpfungsprozess vorantreibt. Dadurch, dass wir die Ideen unserer Mitmenschen verarbeiten, erlangen wir besser kulturellen und wissenschaftlichen Fortschritt. Die Früchte unserer Arbeit sind das Ergebnis eines ständigen Austauschs. Aus diesem Grund brauchen wir genügend Spielraum, der uns gestattet, die Ideen und Schöpfungen der anderen aufzugreifen. Denn auch sie sind Teil unserer Wahrnehmung, Teil unseres Lebens und somit ein Teil dessen, woraus wir unsere eigene Schaffenskraft hervorbringen. Auf der anderen Seite bedürfen die Urheber eines umfassenden Schutzes für ihre Leistungen. Der Urheberrechtsschutz dient mit seiner Funktion, schöpferische Arbeit zu fördern, indem er den Urhebern ein Verwertungsmonopol einräumt, ebenfalls dem kulturellen und wissenschaftlichen Fortschritt. Gleichzeitig schränkt der Urheberrechtsschutz den oben beschriebenen Freiraum ein, indem er dem Urheber den Zugriff auf einen bestimmten Teil seiner Umgebung - nämlich auf die geschützten Werke anderer Autoren - entzieht. Es bestehen somit zwei Prinzipien, die zwar beide den Schaffensprozess fördern, sich jedoch gegenseitig einschränken. Beide sind unverzichtbar. Aufgabe des Urheberrechts ist es, einen angemessenen Ausgleich zu schaffen.
II. Freie Benutzung und Bearbeitung
Die Neugestaltung, auch freie Benutzung genannt, beschreibt den Bereich, in dem der Urheber sich frei bewegen darf. Sie markiert für ihn die Grenze, bis zu welcher fremde Urheberrechte ihren Geltungsanspruch behaupten. Die Bearbeitung (§ 23 UrhG) erstreckt sich stets auf beide Seiten dieser Grenze. Sie unterliegt dem Urheberrecht des Originalurhebers, gleichzeitig entzieht sie sich diesem und begründet ein neues Recht des Bearbeiters. Deshalb bestehen an der Bearbeitung zwei Urheberrechte (Näheres siehe §§ 3, 23 UrhG). Sie steht damit zwischen Vervielfältigung - der bloßen Replikation eines Werkes - und freier Benutzung - der Schaffung eines neuen und unabhängigen Werkes.
III. Begriff der Freien Benutzung
Eine freie Benutzung ist ein eigenständiges, von dem Benutzten zu unterscheidendes Werk. Es muss also eine persönliche geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG vorliegen. Die freie Benutzung geht gegenüber dem verwendeten Werk völlig neue Wege und ist deshalb im Vergleich zu ihm als selbstständiges neues Werk anzusehen (BGH GRUR 1963, 42 - Straßen - gestern und morgen). Das fremde Werk dient nur als Inspiration. Die freie Benutzung weist gegenüber dem vorbestehenden Werk einen solchen Grad an Selbstständigkeit und Eigenart auf, dass dessen Züge in dem neuen Werk verblassen und in den Hintergrund treten (BGH NJW 1958, 460 - Sherlock Holmes). Bei der Bearbeitung dagegen bleiben die Züge des benutzten Werkes deutlich erkennbar und sind prägend für den Charakter der Bearbeitung.
Die Vorschrift des § 24 UrhG bezieht sich nur auf solche Ursprungswerke oder Teile davon, die urheberrechtlich geschützt sind. Ist ein Werk bereits gemeinfrei, so bedarf es nicht der Anwendung des § 24 UrhG, jedermann kann gemeinfreie Werke in beliebiger Art und Weise benutzen. Sind Teile eines benutzten Werkes gemeinfrei, so kann der neue Urheber auch diese beliebig verwenden, lediglich die unfreien Teile müssen in seiner Darstellung verblassen.
Die Abgrenzung zur Bearbeitung ist nicht immer einfach. Nicht erforderlich ist, dass das benutzte Werk von der Neugestaltung völlig überspielt wird. Seine Charakterzüge dürfen noch erkennbar sein, aber sie müssen hinter der neuen Leistung deutlich zurücktreten und sich ihr unterordnen. Wie hoch die Anforderungen dabei an die Neugestaltung sind, richtet sich auch nach der Gestaltungshöhe des verwendeten Werkes. Je individueller und komplexer das benutzte Werk ist, desto umfangreicher und origineller muss die Neuschöpfung sein. Je geringeren Grad an Originalität das benutzte Werk aufweist, desto eher verblassen auch seine Charakterzüge. Zum Beispiel: die Charakterzüge eines Gemäldes, welches aus einem schlichten, blauen Quadrat auf weißer Leinwand besteht, werden aufgrund der geringen Gestaltungshöhe sehr schnell verblassen, wenn ein anderer Künstler in seinem Werk darauf zurückgreift, als beispielsweise die Mona Lisa von Da Vinci, welche einen sehr hohen Gestaltungsgrad aufweist (bei der Mona Lisa besteht freilich die Besonderheit, dass diese bereits gemeinfrei ist und somit sowieso frei verwendet werden kann, ohne dass es auf die Regelung des § 24 UrhG ankäme). Je komplexer und facettenreicher ein Werk also ist, desto höher die Anforderungen, die sich aus § 24 UrhG ergeben.
Wird ein Werk in eine andere, wesensfremde Werkkategorie transformiert, so ist in der Regel von einer freien Benutzung auszugehen. Beispielsweise wenn ein Gedicht in ein Gemälde oder eine Fabel in eine Melodie umgewandelt wird. Bei Übertragungen in wesensgleiche oder verwandte Werkkategorien liegt dagegen eher eine Bearbeitung vor. Zum Beispiel bei dem Nachmalen eines Fotos oder dem Verfilmen eines Romans. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wird das Thema eines Fotos, beispielsweise ein Portrait, in einem Gemälde verarbeitet, wobei der Maler das Portrait nur als eine von vielen dargestellten Charakteren einer Bildergeschichte darstellt, und es auf diese Weise in einem völlig neuen Kontext setzt, so werden die Charakterzüge des Fotografiewerkes von der neuen Szene überspielt - sie verblassen. In der Regel erfolgt die Abgrenzung nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.
IV. Parodie und Freie Benutzung
1. Abgrenzung nach dem Abstands-Kriterium des BGH
Im Rahmen der Beurteilung besonderer Kunstformen, wie vor allem der Parodie, hat der BGH besondere Abgrenzungskriterien entwickelt. Die Parodie zeichnet sich dadurch aus, dass die Charakterzüge des parodierten Werkes gerade nicht verblassen. Im Gegenteil, um ein Werk zu parodieren, kommt es gerade darauf an, dass das parodierte Werk deutlich erkennbar bleibt. Würden die Charakterzüge in der Parodie verblassen, so würde der Betrachter diese nicht verstehen können. Um ein anderes Werk künstlerisch durch den Kakao ziehen zu können, muss es erkennbar bleiben. Ein Verblassen der Charakterzüge ist der Parodie somit wesensfremd. Parodien sind somit nach den oben beschriebenen Grundsätzen als abhängige Bearbeitungen zu klassifizieren und nicht als freie Benutzung. Da jedoch ein gesellschaftliches wie kulturelles Bedürfnis besteht, die Parodie als Kunstform zu ermöglichen, hat der BGH zusätzliche Kriterien entwickelt, die es ermöglichen sollen, unabhängig vom Verblassen der Charakterzüge des benutzten Werkes eine freie Benutzung anzunehmen. Dies soll auch gegen den erklärten Willen des Urhebers des Ausgangswerkes möglich sein, denn dieser wird selten mit einer Parodie einverstanden sein. Im Falle der Annahme einer abhängigen Bearbeitung müsste dieser jedoch sein Einverständnis erklären, das ihm ermöglichen würde, unangenehme Kritik in Form einer Parodie zu zensieren und sogar ganz unter den Tisch zu kehren. Um dies zu verhindern, hat der BGH entschieden, dass der für eine freie Benutzung erforderliche Abstand zu den entlehnten Charakterzügen des benutzten Werkes bei deutlichen Übernahmen in der Formgestaltung, wie sie bei der Parodie typischerweise einhergehen, auch dadurch gegeben sein kann, dass das neue Werk einen so großen inneren Abstand zu dem älteren Werk hält, dass das neue Werk seinem Wesen nach als selbständig anzusehen ist. Es kommt also entscheidend auf eine innere Abstandnahme an, welche nur dann gegeben sei, wenn sich das neue Werk mit dem älteren auseinandersetzt, wie dies etwa bei einer Parodie der Fall ist. Der BGH will dabei einen strengen Maßstab ansetzen (BGH, Urt. v. 11. März 1993 - I ZR 263/91).
2. Kritik an der Rechtsprechung des BGH
Diese Rechtsprechung ist verschiedenen Kritikpunkten ausgesetzt. Sie verwischt die Abgrenzung zwischen freier Benutzung und abhängiger Bearbeitung (§§ 23, 24 UrhG). Während das Kriterium des Verblassens der Charakterzüge eine technisch saubere Trennung ermöglicht, wird durch die Bezugnahme auf den inneren Abstand die eben gefundene Schärfe in der Trennung von freier Benutzung und Bearbeitung wieder verworfen und somit eine Abgrenzung unnötig erschwert. Dies liegt zum einen daran, dass eine Parodie typischerweise die Merkmale einer Bearbeitung aufweist. Mit dem Abgrenzungskriterium der inneren Abstandnahme werden alle Bearbeitungen, die Parodien sind, ausgeklammert und künstlich in den Kreis der freien Benutzung gezogen. Zum anderen, weil bei der Frage der Zulässigkeit einer Parodie oft noch ganz andere Interessen eine Rolle spielen, die eigentlich auf einer anderen Bewertungsebene zum Tragen kommen. So will man etwa Parodisten, die diese Kunstform einzig aus dem Grund gewählt haben, um den Erfolg eines fremden Werkes für sich fruchtbar zu machen, von dem Privileg des § 24 UrhG ausschließen. Auch will man die Interessen des Urhebers vor unverhältnismäßiger Beeinträchtigung bewahren. Deshalb wendet der BGH einen strengen Maßstab an. Indem nun diese Interessen, die ja eigentlich wertender Natur sind, auf der Tatbestandsebene angesiedelt werden, wird letztere überfordert. Die Abgrenzung auf der tatsächlichen Ebene vermag es nicht, eine derartige Fülle wertender Kriterien in sich aufzunehmen, ohne dass dies zu Lasten ihrer Schärfe und ihrer Sicherheit in der Handhabung ginge. Die vom BGH auf der Ebene des Tatbestandes durchgeführte Interessenabwägung sollte vielmehr separat erfolgen. Dadurch bliebe eine genaue Konturierung erhalten und den Interessen der Urheber könnte besser Rechnung getragen werden, weil man eine sachgerechte und differenzierte Interessenabwägung vornehmen könnte frei von dem Zwang, diese in der Gestalt einer Tatbestandsabgrenzung verkaufen zu müssen.
Schließlich ist auch der vom BGH geforderte "strenge Maßstab" deutlich überzogen. Der EuGH hat sogar das Abstandskriterium relativiert, mit welchen der BGH eine Auseinandersetzung mit dem parodierten Werk fordert. In seinem "Deckmyn" Urteil führt der EUGH aus, dass die Parodie nicht das ursprüngliche Werk selbst betreffen muss, sondern auch zum Transport völlig anderer Gedankeninhalte als der kritischen Auseinandersetzung mit dem Ursprungswerk herangezogen werden kann. Es ist nicht einmal notwendig, dass die Parodie einer anderen Person als dem Urheber des ursprünglichen Werkes zugeordnet wird (EuGH ZUM-RD 2014, 613 Rn. 33; Specht/Koppermann in ZUM 2016, 23).
3. Parodie und Meinungsfreiheit
Erster Schritt zu einer ausgewogenen Lösung des Problems ist es, die Parodie als das anzuerkennen, was sie ist, nämlich eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG. Die Parodie lebt von der Nähe zum benutzten Werk, je genauer sie es wiedergibt, desto besser erschließt sich dem Betrachter durch Wiedererkennung der Bezug zu dem anderen Werk, den eine Parodie ausmacht. Es ist gekünstelt und widerspricht der Realität, eine Parodie als freie Benutzung im Sinne des § 24 UrhG zu klassifizieren. Das erstrebte Ergebnis, die Benutzung frei zu stellen, muss auf andere Weise erreicht werden. Das Gesetz bietet für die Parodie keine Lösungsmöglichkeit an. Daraus folgt jedoch nicht, dass die Parodie grundsätzlich verboten ist. Im Gegenteil. Die Parodie und ähnliche Formen, wie die Persiflage, Satire oder die Karikatur sind Ausdruck der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit genießt in unserer Rechtsordnung einen besonders hohen Rang, da es als Ausfluss des Demokratieprinzips zu den Grundpfeilern unserer Verfassung zählt, ohne ihm wäre die Demokratie als Ganze in Frage gestellt. Diese überragende Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit hat das Bundesverfassungsgericht bereits mehrmals festgestellt (vgl. z.B. BVerfGE 7, 198, 208: "Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt … Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend …"). Die Parodie muss somit grundsätzlich möglich sein. Das Versäumnis des Gesetzgebers, die Parodie im UrhG zu regeln, muss somit auf andere Weise überwunden werden. Im Bereich des Strafrechts ist die Meinungsfreiheit als Rechtfertigungsgrund etwa bei den Beleidigungsdelikten allgemein anerkannt. Auch im Urheberrecht bietet sich eine Ansiedelung auf der Rechtfertigungsebene an. Die Rechtfertigung im Urheberrecht erfolgt durch die so genannten Schranken des Urheberrechts (§§ 44a UrhG ff.). Grundsätzlich sind die Schranken abschließend geregelt, und außerdem eng auszulegen.
Teilweise wird vorgeschlagen, die Parodie nach den Regel des Zitatrechts (§ 51 UrhG) zu behandeln und auf diese Weise zu rechtfertigen. Das Zitatrecht passt jedoch nicht für die Parodie, einerseits sind Zitate dadurch gekennzeichnet, dass sie nur Stellen eines Werkes wiedergeben, während die Parodie typischerweise ein Werk als Ganzes zum Gegenstand hat, andererseits sind die für Zitate vorgeschriebenen Quellenangaben des § 63 UrhG bei der Parodie unüblich und werden in der Praxis nicht verwendet. Des weiteren widerspricht es der Lebenswirklichkeit und dem natürlichen Sprachempfinden sowie den Regeln von Kunst und Wissenschaft, eine Parodie als Zitat zu klassifizieren. Ein Zitat gibt ein fremdes Werk (in Teilen) genau wieder, während eine Parodie das wiedergegebene Werk stets verfremdet und verzerrt wiedergibt und gerade nicht für die Authentizität des Wiedergegebenen bürgt, wie es das Zitat tut. Schließlich spielen beim Zitat andere Interessenerwägungen eine Rolle, welche sich auch in der gesetzlichen Regelung widerspiegeln, so dass sie schon aus diesem Grund nicht geeignet ist, Fälle der Parodie zu behandeln.
Die Schranken des Urheberrechts bieten somit keine angemessene Lösung für die Parodie an. Die Verfassung verlangt jedoch einen Raum, in dem Parodie und verwandte Kunstformen, die sich durch Meinungskundgabe, Kritik und Auseinandersetzung auszeichnen, frei von Zwängen und unabhängig von Zustimmungen der im Fokus der Auseinandersetzung Stehenden existieren können. Aufgrund des Vorrangs der Verfassung vor den einfachgesetzlichen Regelungen des UrhG schlägt das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG direkt durch und bildet einen eigenständigen Rechtfertigungsgrund. Das Urheberrecht, welches seine verfassungsrechtliche Grundlage in Art. 14 GG sowie im allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG findet, hat dem in seiner Bedeutung für die freiheitliche demokratische Grundordnung überwiegenden Grundrecht der Meinungsfreiheit grundsätzlich zu weichen. Dies führt dazu, dass die für Bearbeitungen normalerweise dem Urheber zustehende Einwilligung entbehrlich ist. Allerdings ist stets eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen. Dabei sind die Interessen des Urhebers und die des Parodisten gegeneinander abzuwägen. Wird das Interesse des Urhebers in unangemessener Weise beeinträchtigt, so kann es erforderlich sein, dass der Parodist dem Urheber eine entsprechende Entschädigung zu zahlen hat. Im Einzelfall ist es auch denkbar, dass die Grundrechte des Urhebers überwiegen, etwa wenn die Parodie zu einer bei verständiger Würdigung nicht mehr hinnehmbaren Verletzung der Rechte des Urhebers führen würde. In diesem Fall bleibt dem Urheber das Einwilligungsprivileg des § 23 UrhG erhalten mit der Folge, dass er gegen die Parodie vorgehen beziehungsweise diese verhindern kann (§§ 97 Abs. 1, 23 UrhG).
Eine ähnlich differnrenzierte Lösung hält auch das spanische UrhG (Ley de Propiedad Inteleclual, LPI) bereit, wenn auch nicht auf der Rechtfertigungsebene. In Art. 39 LPI "Parodia" heißt es: "No será considerada transformación que exija consentimiento del autor la parodia de la obra divulgada, mientras no implique riesgo de confusión con la misma ni se infiera un daño a la obra original o a su autor." Sinngemäß bedeutet dies: die Parodie eines veröffentlichten Werkes wird nicht als Bearbeitung, welche die Einwilligung des Urhebers verlangt, angesehen; solange sie nicht das Risiko der Verwechslung mit dem Original in sich schließt und keinen Schaden für das Original oder seinem Urheber mit sich bringt. Daran wird deutlich, dass auch der spanische Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Parodie ihrer Natur nach eine abhängige Bearbeitung darstellt. Auch der spanische Gesetzgeber geht von einem grundsätzlichen Vorrang der Meinungsfreiheit aus, indem er die Parodie zunächst vom Einverständnis des Urhebers freistellt. Mit der weiteren Regelung finden die Interessen des Urhebers angemessene Berücksichtigung.
Natürlich ist eine gesetzliche Regelung eine Rechtfertigung mit Hilfe der Meinungsfreiheit vorzuziehen. Zum einen wird dadurch Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen. Zum anderen werden die mit der Abwägung von Grundrechten einhergehenden Schwierigkeiten vermieden. Falsch ist es jedoch, wie der BGH, zu versuchen, im bestehenden Recht Regelungen, die für derartige Fälle nicht gedacht waren und die eine andersartige Konzeption aufweisen, aufzubiegen und die offenen Probleme in sie hineinzuquetschen. Denn dadurch wird der Gesetzgeber von seinem Handlungsbedarf abgelenkt, indem ihm eine scheinbar existierende Regelung des Problems serviert wird. Art 5 Abs. 3 k der Richtlinie 2001/29/EG bietet eine ausdrückliche Möglichkeit, Parodie und Karikatur eine gesetzliche Sonderstellung zu verschaffen.