Nutzungsrechte
Das Urheberrecht ist unveräußerlich und bleibt das ganze Leben lang beim Urheber (§ 29 Abs. 1 UrhG). Nach dem Tod des Urhebers steht es bis zum Ablauf der Schutzfrist seinen Erben zu (§ 28 Abs. 1 UrhG). Die Unveräußerlichkeit ist die Folge des persönlichkeitsrechtlichen Charakters des Urheberrechts. Damit der Urheber die Verwertung auch auf Dritte übertragen kann, hat er allerdings die Möglichkeit, sogenannte Nutzungsrechte bzw. Lizenzen zu vergeben. Die Regeln dafür sind in den §§ 31 ff. UrhG festgelegt.
Nutzungsrechte lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen. Diese sind wichtig für die Bestimmung des Umfangs eines Nutzungsrechts. Der Urheber sollte stets gut überlegen, welche Nutzungsrechte er abgeben möchte. Dies gilt besonders bei der Vergabe von Exklusivrechten. Exklusivrechte werden im Gesetz als ausschließliche Nutzungsrechte bezeichnet. Der Gegensatz dazu sind einfache Nutzungsrechte. Damit haben wir bereits die erste wichtige Unterscheidung. Nutzungsrechte lassen sich des Weiteren nach der Art des Nutzungsrechts differenzieren. Diese Differenzierung wurde bereits bei den Verwertungsrechten vorgenommen. Schließlich kann der Urheber auch den zeitlichen und örtlichen Nutzungsbereich bestimmen.
Grundlagen der Nutzungsrechtsvergabe
Die Vergabe von Nutzungsrechten sollte möglichst auf der Grundlage eines Vertrages erfolgen, der in irgendeiner Form fixiert wurde, am besten natürlich schriftlich. Die Beweiskraft von E-Mails ist zwar umstritten, wird aber in der Praxis kaum problematisiert, sodass auch auf diese Weise der Inhalt einer Vereinbarung nachgewiesen werden kann. Auch bei mündlichen Abreden empfiehlt es sich, den Inhalt der Vereinbarung in einer E-Mail nochmals kurz zusammen zu fassen. Sich nur auf mündliche Vereinbarungen zu verlassen, ist dagegen sehr riskant und führt im Streitfall zu erheblichen Beweisproblemen. Davon ist somit dringend abzuraten.
Bei der Vergabe von Nutzungsrechten sollte der Inhalt immer so konkret wie möglich bestimmt werden. Natürlich sieht dies in der Praxis in der Regel anders aus. Allerdings hilft in solchen Fällen, in denen Art und Umfang der Nutzungsrechtsvergabe unzureichend oder gar nicht bestimmt worden sind, die sogenannte Zweckübertragungslehre. Die Zweckübertragungslehre basiert auf dem § 31 Abs. 5 UrhG und schützt die Interessen des Urhebers vor einer übermäßigen Belastung seines Urheberrechts durch Nutzungsrechte. Dabei gilt der Grundsatz, dass Nutzungsrechte nur in einem solchen Umfang eingeräumt werden, wie es zu der Erreichung des Vertragszweckes erforderlich ist. Ein Webseitenbetreiber, der Fotos für seinen Onlineauftritt kauft, benötigt keine Printrechte (§§ 16 und 17 UrhG). Ein Galerist benötigt für die Ausstellung und den Verkauf keine exklusiven Nutzungsrechte, es genügen einfache Nutzungsrechte für den Druck von Katalogen und die Präsentation auf der Webseite.
Wohlgemerkt greift die Zweckübertragungslehre erst dann, wenn es an einer eindeutigen Regelung fehlt. Wer ausdrücklich sämtliche verfügbaren Nutzungsrechte abtritt, kann sich nachher nicht auf die Zweckübertragungslehre berufen. Dort, wo sie Anwendung findet, muss zunächst analysiert werden, welcher Zweck mit der vertraglichen Regelung erreicht werden soll. Danach ist zu fragen, ob überhaupt Nutzungsrechte für die Erreichung des Vertragszwecks erforderlich sind, und wenn ja, welche. Dann stellt sich die Frage, ob einfache oder ausschließliche Nutzungsrechte für die Erfüllung des Vertragszwecks erforderlich sind. Im Regelfall ist von einer einfachen Nutzungsrechtsvergabe auszugehen. Nur im Ausnahmefall kann man ohne entsprechende ausdrückliche Bestimmung von der Vergabe von Exklusivrechten ausgehen. Schließlich erfolgt auch die Bestimmung des zeitlichen und örtlichen Umfangs danach, was zur Erreichung der im Zweifel durch Auslegung zu ermittelnden Vertragsziele zwingend geboten ist.
Nutzungsarten
Während bei der unbestimmten Nutzungsrechtsvergabe die Zweckübertragungslehre dafür sorgt, dass das Urheberrecht immer nur in dem zwingend erforderlichen Maß belastet wird, muss der Urheber bei der ausdrücklichen Bestimmung selbst darauf achten, dass der Umfang der Lizenzierung durch den Vertragszweck gedeckt ist und nicht über das Ziel hinausschießt. Das gilt besonders bei der Verwendung von vorgefertigten Vertragsmustern. Hier sollten nicht erforderliche Passagen gestrichen werden. Hilfreich ist es stets, den Vertragszweck kurz zu umschreiben, was eine spätere Vertragsauslegung erleichtert. So lässt sich einfacher bestimmen, was die Vertragspartner mit ihrer Regelung erreichen wollten. Entsprechend den Verwertungsrechten lassen sich die Nutzungsarten in körperliche und unkörperliche Nutzung unterteilen.In den §§ 15 ff. UrhG findet sich der nicht abschließende Katalog der verschiedenen Verwertungsarten.
Einfache und ausschließliche Nutzungsrechte
Ausschließliche bzw. exklusive Nutzungsrechte verleihen dem Erwerber eine Monopolstellung, die es ihm erlaubt, andere von der Nutzung auszuschließen, einschließlich des Urhebers selbst! Nur wenn der Urheber sich ausdrücklich die eigene Verwertung vorbehält, darf er auch neben dem Inhaber der Exklusivrechte sein Werk selbst verwerten (§ 31 Abs. 3 Satz 2 UrhG). Vorsicht also mit der Vergabe von Exklusivrechten, und ganz besonders, wenn diese sämtliche Nutzungsarten umfassen sollen. Deshalb sollte bei der Vergabe von ausschließlichen Nutzungsrechten immer darauf geachtet werden, dass auch nur diejenigen Rechte übertragen werden, deren wirtschaftliche Nutzung im Raum steht und wenn möglich sollte man eine örtliche und zeitliche Beschränkung vornehmen, um nach einer bestimmten Verwertungsphase die Verfügungsmacht zurückzuerlangen. Bei exklusiven Nutzungsrechtsvergaben sollte auch eine quotenmäßige Beteiligung an dem Verwertungsergebnis gegenüber einmaligen Pauschalzahlungen möglichst vorgezogen werden. Zur Höhe der jeweils üblichen Beteiligung können die entsprechenden Berufsverbände Auskunft erteilen. Zwar hat der Urheber mit den §§ 32 und 32a UrhG Möglichkeiten, eine angemessene Beteiligung im Wege der Vertragsanpassung zu fordern, jedoch hat er in diesen Fällen das Prozessrisiko, abgesehen von der Tatsache, dass Rechtsstreitigkeiten sich über viele Jahre hinziehen können.
Besondere Vorsicht ist geboten bei sogenannten Total-Buy-Out Verträgen. Wie der Name schon erahnen lässt, ist mit dieser Form der Vertragsgestaltung eine umfassende Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte verbunden, oft ohne dass eine entsprechende umfassende Verwertung überhaupt vorgesehen ist. Zwar bleibt das Urheberrecht aufgrund seiner Unveräußerlichkeit immer beim Urheber. Bei solchen Buy-Out Verträgen verliert das Stammrecht jede wirtschaftliche Bedeutung. Es bleibt nur eine ausgeschlachtete, leere Hülle zurück und der Urheber ist auf die Ausübung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte beschränkt. Selbst diese können übertragen werden. Lediglich der sogenannte Kernbereich des Urheberpersönlichkeitsrechts ist unveräußerlich. Rechtlich gesehen sind solche Buy-Out Verträge äußerst bedenklich und waren bereits Gegenstand gerichtlicher Kontrolle. Das OLG Hamburg (Urteil vom 1. Juni 2011 · Az. 5 U 113/09) und das LG Mannheim (Urteil vom 05.12.2011, Az. 7 O 442/11) haben solchen Verträgen eine klare Absage erteilt, jedoch hat der BGH (Urteil vom 31. Mai 2012, Az. I ZR 73/10) entschieden, dass solche Verträge wirksam sein können und damit die Privatautonomie, also die wirtschaftlichen Interessen, über die Interessen des Urhebers gestellt. Allerdings stellt der BGH klar, dass solche Verträge gemäß §§ 32 und 32a UrhG angepasst werden müssen, wodurch dem Urheber allerdings das Prozessrisiko auferlegt wird. Auch verliert er die Möglichkeit, sein Werk in anderer Form zu verwerten. Zwar kann der Urheber ausschließliche Nutzungsrechte, die von dem Erwerber unzureichend ausgeübt werden, zurückrufen, jedoch kann er im Einzelfall mit seinem Rückruf bis zu 5 Jahre gesperrt sein. Im Regelfall sind es 2 Jahre, in denen der Urheber in der Verwertung seines Werkes gesperrt ist. Die Rechtsprechung des BGH fällt deshalb sehr einseitig zu Lasten des Urhebers aus. Buy-Out Verträge stellen eine erhebliche Benachteiligung des Urhebers dar, der jedoch aufgrund der Marktmacht der Medienindustrie oft keine Möglichkeit hat, sich gegen die Übervorteilung zu wehren (so auch iRights.info in diesem Artikel). Dieses Ungleichgewicht liegt auch den Bestimmungen der §§ 32 und 32a UrhG zugrunde, welches über die angemessene Beteiligung korrigiert werden soll. Nur nützt eine angemessene Beteiligung nichts, wenn eine Verwertung überhaupt nicht stattfindet. Der Verweis des BGH auf diese Bestimmungen ist deshalb äußerst kurzsichtig.
Einfache Nutzungsrechte vermitteln im Gegensatz zu den ausschließlichen Nutzungsrechten keine Befugnis, andere von der Nutzung auszuschließen. Diese bleibt bei dem Urheber. Einfache Nutzungsrechte können deshalb mehrfach vergeben werden. Durch die Vergabe von ausschließlichen Nutzungsrechten bleiben einfache Nutzungsrechte, die bereits bestehen, unberührt. Der Erwerber eines ausschließlichen Nutzungsrechts sollte über bereits bestehende einfache Nutzungsrechte vom Urheber informiert werden. Wo es möglich ist, sollte der Urheber einfache Nutzungsrechte vergeben, da diese ihn in seinen Verwertungsmöglichkeiten nicht einschränken und beliebig oft abgetreten werden können.
Umfang der Nutzung
Es empfiehlt sich stets, über eine zeitliche und ggf. auch räumliche Beschränkung der Nutzungsrechtsvergabe nachzudenken. Auf diese Weise hat man nach dem Ablauf einer bestimmten Verwertungsphase eine neue Verhandlungsbasis. Wenn die Verwertung ein Erfolg war, kann man bessere Konditionen aushandeln und natürlich auch Konkurrenzangebote einholen. Eine örtliche Beschränkung kann Sinn machen, und beispielsweise in verschiedenen Ländern verschiedene Publisher die Verwertung zu übertragen.
Lizenzierung und Unterlizenzierung
Der Urheber kann dem Verwerter das Recht einräumen, Unterlizenzen zu vergeben. Das ist in vielen Branchen selbstverständlich, beispielsweise in der Filmindustrie, in der auf diese Weise lange "Rechteketten" entstehen, was für die Verwerter am Ende der Kette oft zu erheblichen Schwierigkeiten führen kann, wenn sie vor der Aufgabe stehen, beispielsweise in einem Zivilprozess, die eigene Berechtigung nachzuweisen. Denn die Rechtsprechung verlangt eine lückenlose Darlegung der gesamten Kette, beim Urheber angefangen. Besonders delikat wird es, wenn mehrere Urheber an der Erschaffung des betroffenen Werkes beteiligt waren.
Aber das sind vorrangig Sorgen der Verwertungsunternehmen, und nicht der Urheber. Interessant ist für Letztere die Frage, ob sie bei Verletzungen des Urheberrechts selbst gegen den Verletzer vorgehen können, obwohl sie (ausschließliche) Nutzungsrechte vergeben haben. Die Rechtsprechung bejaht dies in Fällen, in denen der Urheber an der Verwertung durch das Verwertungsunternehmen - zum Beispiel in Form einer Quote - beteiligt ist. Auch an dieser Stelle wird somit der Vorteil von Quotenregelungen gegenüber einmaligen Pauschalzahlungen für den Urheber deutlich. Aber auch für den Verwerter bieten sie Vorteile, da das Verwertungsrisiko gleichmäßig verteilt ist und der Verwerter nicht in Vorkasse gehen muss. Zugegeben sind dies Aspekte, die für große Medienkonzerne kaum eine Rolle spielen dürften.
Unterlizenzen (auch Sublizenzen genannt) können nicht nur zusammen mit ausschließlichen, sondern auch mit einfachen Nutzungsrechten vergeben werden. Natürlich kann dem einfachen Nutzungsrechtsinhaber nicht die Befugnis verliehen werden, Exklusivrechte zu vergeben. Exklusivrechtsinhaber können ermächtigt werden, sowohl einfache als auch ausschließliche Unterlizenzen zu vergeben.