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§ 23 UrhG - Bearbeitungen und Umgestaltungen


(1) Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen eines Werkes, insbesondere auch einer Melodie, dürfen nur mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht oder verwertet werden. Wahrt das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk, so liegt keine Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des Satzes 1 vor.

(2) Handelt es sich um

  1. die Verfilmung eines Werkes,
  2. die Ausführung von Plänen und Entwürfen eines Werkes der bildenden Künste,
  3. den Nachbau eines Werkes der Baukunst oder
  4. die Bearbeitung oder Umgestaltung eines Datenbankwerkes,
so bedarf bereits das Herstellen der Bearbeitung oder Umgestaltung der Zustimmung des Urhebers.

Auf ausschließlich technisch bedingte Änderungen eines Werkes bei Nutzungen nach § 44b Absatz 2, § 60d Absatz 1, § 60e Absatz 1 sowie § 60f Absatz 2 sind die Absätze 1 und 2 nicht anzuwenden.



I. Grundsätzliches

Künstlerisches und geistiges Schaffen des Menschen baut seit jeher auf den auf, was den Menschen umgibt. Die Inspiration eines Künstlers hat einen Ursprung, sei es in der Natur, in der Traumwelt des Künstlers, in einer altertümlichen Statue oder in der Fabelwelt aus längst vergessenen Tagen. Keine Schöpfung entsteht aus dem Nichts. Wenn ein Werk allein der Vorstellungskraft und der Gedankenwelt seines Urhebers entspringt, so basiert auch diese letztendlich auf den Wahrnehmungen und Einflüssen aus seiner Umgebung. Der Mensch knüpft stets an dem Wissen seiner Ahnen an. Aber er beschränkt sich nicht auf die Quellen der Vergangenheit, er bedient sich auch derer der Gegenwart und der Zukunft. Große Leistungen und geniale Ideen sprechen sich oft schnell herum und finden schnell Anklang, aber auch Nachahmung. Das ist es, was den Schöpfungsprozess vorantreibt. Dadurch, dass wir die Ideen unserer Mitmenschen verarbeiten, erlangen wir besser kulturellen und wissenschaftlichen Fortschritt. Die Früchte unserer Arbeit sind das Ergebnis eines ständigen Austauschs. Aus diesem Grund brauchen wir genügend Spielraum, der uns gestattet, die Ideen und Schöpfungen der anderen aufzugreifen. Denn auch sie sind Teil unserer Wahrnehmung, Teil unseres Lebens und somit ein Teil dessen, woraus wir unsere eigene Schaffenskraft hervorbringen. Auf der anderen Seite bedürfen die Urheber eines umfassenden Schutzes für ihre Leistungen. Der Urheberrechtsschutz dient mit seiner Funktion, schöpferische Arbeit zu fördern, indem er den Urhebern ein Verwertungsmonopol einräumt, ebenfalls dem kulturellen und wissenschaftlichen Fortschritt. Gleichzeitig schränkt der Urheberrechtsschutz den oben beschriebenen Freiraum ein, indem er dem Urheber den Zugriff auf einen bestimmten Teil seiner Umgebung - nämlich auf die geschützten Werke anderer Autoren - entzieht. Es bestehen somit zwei Prinzipien, die zwar beide den Schaffensprozess fördern, sich jedoch gegenseitig einschränken. Beide sind unverzichtbar. Aufgabe des Urheberrechts ist es, einen angemessenen Ausgleich zu schaffen.

II. Gesetzesänderung 2021

Mit der Urheberrechtsreform traten am 07.06.2021 umfangreiche Änderungen am Urheberrechtsgesetz in Kraft. So viel unter anderen der § 24 UrhG a.F. weg. Diese Vorschrift hatte die Freie Benutzung zum Gegenstand und markierte für den Urheber die Grenze, bis zu der Urheberrechte an fremden Werken bei der Schaffung eines neuen Werkes zu beachten sind. Danach war eine freie Benutzung ein eigenständiges, von dem Originalwerk zu unterscheidendes und vor allem unabhängiges Werk. Es musste also eine persönliche geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG vorliegen. Dabei ging die freie Benutzung gegenüber dem verwendeten Werk völlig neue Wege und war deshalb im Vergleich zu ihm als selbstständiges neues Werk anzusehen (BGH GRUR 1963, 42 - Straßen - gestern und morgen). Das fremde Werk dient nur als Inspiration. In der berühmten Entscheidung des EuGH vom 29. Juli 2019 (C-476/17, Rn. 56 ff., ECLI:EU:C:2019:624 - „Metall-auf-Metall“) entschied dieser, dass der § 24 UrhG a.F. nicht den Vorgaben des Art. 5 InfoSoc-RL (RL 2001/29/EG) entsprach. Obgleich der BGH die freie Benutzung entsprechend der Systematik des Gesetzes nicht als sog. Schrankenregelung (vgl. §§ 44a ff.), sondern als dem Urheberrecht immanente Schranke einstufte, wurde die freie Benutzung vom EUGH als unzulässige Beschränkung des Urheberrechts bewertet. Um diesen Fehler zu korrigieren, wurde der § 24 a.F. gestrichen und in § 23 Abs. 1 Satz 2 bestimmt, dass eine (von dem Originalwerk abhängige) Bearbeitung nicht mehr vorliegt, wenn das neu geschaffene Werk einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk wahrt. In diesem Fall ist sowohl nach alter als auch nach neuer Rechtslage von einem neuen, eigenständigen und unabhängigen Werk auszugehen.

Der über mehr als 20 Jahre lang geführte Rechtsstreit „Metall auf Metall“ wurde zwischen dem Produzenten Moses Pelham und der Band Kraftwerk geführt. Pelham hatte eine zweisekündige Sequenz aus dem Track „Metall auf Metall“ von Kraftwerk in Dauerschleife unter den von ihm produzierten Track "Nur mir“, gesungen von Sabrina Setlur, gelegt. Der Bundesgerichtshof entschied nach Vorlage an den Europäischen Gerichtshof, dass nach richtlinienkonformer Auslegung des § 85 Abs. 1 S. 1 UrhG das Sampeln ohne Einverständnis des Tonträgerherstellers nur erlaubt sei, wenn die Sequenz geändert wurde und nicht wiedererkennbar ist oder es sich um ein eindeutiges Zitat handele. Bei Letzterem muss das Musikzitat im Sinne des § 51 S. 2 Nr. 3 UrhG als ein fremder Bestandteil für den Hörer erkennbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2020 – I ZR 115/16 –).

Der neue § 23 Abs. 1 UrhG nimmt diese Rechtsprechung auf und erlaubt die Veröffentlichung und Verwertung des Werkes, wenn dieses einen hinreichenden Abstand zum benutzten Werk wahrt. Da allerdings nach Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 30. April 2020 – I ZR 115/16 –) die Melodie nicht wiedererkannt werden darf, ist der starre Melodieschutz faktisch in den § 23 Abs. 1 UrhG integriert worden, wenn es um die Tonträgerherstellerrechte geht. Dem folgt auch die Gesetzesbegründung, welche ausführt, dass die erkennbare Übernahme einer Melodie ist in der Regel eine Bearbeitung im Sinne des § 23 Absatz 1 UrhG-E, deren Veröffentlichung oder Verwertung der Zustimmung des Urhebers bedarf: Wird nämlich eine Melodie in erkennbarer Weise einem neuen Werk zugrunde gelegt, so wahrt das neu geschaffene Werk nicht den nach § 23 Absatz 1 Satz 2 UrhG-E erforderlichen Abstand"". Betroffen ist davon vor allem das sogenannte "Sampling", welches im Musikbereich weiterhin der Zustimmung des jeweiligen Rechteinhabers bedarf, während alle übrigen Bereiche des Urheberrechts wesentlich bessere Möglichkeiten haben, auf fremde Werke Bezug zu nehmen. Diese Rechtslage wird in der Literatur teilweise als verfassungswidrig eingestuft, weil sie die Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) der Musikschaffenden viel zu stark einschränkt.

Parodien, Karikaturen und Pastiches (Art. 5 Absatz 3 Buchstabe k InfoSoc-RL) sind nun ausdrücklich in § 51a UrhG geregelt, sodass der alte Streit, ob in diesen Kunstformen freie Benutzung oder eine Bearbeitung liegt, obsolet geworden ist. Durch die Einführung des § 51a UrhG wurde ausdrücklich gesetzlich die Karikatur, die Parodie und das Pastiche erlaubt. Vor der Urheberrechtsreform im Jahre 2021 wurden Parodien usw. unter den Begriff der freien Benutzung i.S.d. § 24 UrhG a.F. eingeordnet, was jedoch nur durch heftiges Verbiegen der gesetzlichen Grundlagen gelang.

III. Bearbeitungen und andere Umgestaltungen

Der § 23 UrhG regelt die „Bearbeitung und andere Umgestaltungen“. Was unter einer Bearbeitung i.S.d. UrhG zu verstehen ist, ist bereits in der Kommentierung des § 3 erklärt, auf die dortigen Ausführungen wird verwiesen. Zu beachten ist, dass § 23 UrhG die Abwehrrechte des Urhebers gegen Bearbeitungen und andere Umgestaltungen seines Werkes regelt, wohingegen in § 3 UrhG normiert ist, dass die Bearbeitung (nicht jedoch die andere Umgestaltung) ihrerseits urheberrechtlichen Schutz genießen kann.

Eine „andere Umgestaltung“ liegt vor, wenn die Veränderung des Originalwerks nicht das Niveau einer persönlichen geistigen Schöpfung erreicht, also wenn es an der nötigen Schöpfungshöhe fehlt, um einen Urheberrechtsschutz zu etablieren. Während der Bearbeiter gemäß § 3 ein eigenes Urheberrecht an der Bearbeitung erwirbt (die er jedoch nach § 23 UrhG nicht ohne Einwilligung des Original-Urhebers verwerten darf), begründet eine bloße Umgestaltung keinen Urheberrechtsschutz. Rechtlich ist die Umgestaltung somit der Vervielfältigung i.S.d. § 16 UrhG gleich gestellt und unterliegt somit der alleinigen Disposition des Original-Urhebers.

IV. Freie Benutzung

Der § 23 Abs. 1 S. 2 UrhG regelt die freie Benutzung bei hinreichendem Abstand des neu geschaffenen Werkes zum benutzten Werk. Es ist also anhand der Abstandsmerkmals die Bearbeitung von der freien Benutzung abzugrenzen. Die freie Benutzung (auch Neugestaltung genannt) beschreibt den Bereich, in dem der Urheber sich frei bewegen darf, § 23 Abs. 1 Satz 2. Sie markiert für ihn die Grenze, bis zu welcher fremde Urheberrechte ihren Geltungsanspruch behaupten. Die Bearbeitung (§ 23 UrhG) erstreckt sich stets auf beide Seiten dieser Grenze. Sie unterliegt dem Urheberrecht des Originalurhebers, gleichzeitig entzieht sie sich diesem und begründet ein neues Recht des Bearbeiters. Deshalb bestehen an der Bearbeitung zwei Urheberrechte (Näheres siehe §§ 3, 23 UrhG). Sie steht damit zwischen Vervielfältigung - der bloßen Replikation eines Werkes - und freier Benutzung - der Schaffung eines neuen und unabhängigen Werkes.

Eine freie Benutzung ist ein eigenständiges, von dem Benutzten zu unterscheidendes Werk. Es muss also eine persönliche geistige Schöpfung i.S.d. § 2 Abs. 2 UrhG vorliegen. Die freie Benutzung geht gegenüber dem verwendeten Werk völlig neue Wege und ist deshalb im Vergleich zu ihm als selbstständiges neues Werk anzusehen (BGH GRUR 1963, 42 - Straßen - gestern und morgen). Das fremde Werk dient nur als Inspiration. Die freie Benutzung weist gegenüber dem vorbestehenden Werk einen solchen Grad an Selbstständigkeit und Eigenart auf, dass dessen Züge in dem neuen Werk verblassen und in den Hintergrund treten (sog. Abstandskriterium, vgl. BGH NJW 1958, 460 - Sherlock Holmes). Bei der Bearbeitung dagegen bleiben die Züge des benutzten Werkes deutlich erkennbar und sind prägend für den Charakter der Bearbeitung.

Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 2 bezieht sich nur auf solche Ursprungswerke oder Teile davon, die urheberrechtlich geschützt sind. Ist ein Werk bereits gemeinfrei, so bedarf es nicht deren Anwendung, jedermann kann gemeinfreie Werke in beliebiger Art und Weise benutzen. Sind Teile eines benutzten Werkes gemeinfrei, so kann der neue Urheber auch diese beliebig verwenden, lediglich die unfreien Teile müssen in seiner Darstellung verblassen.

Die Abgrenzung zur Bearbeitung ist nicht immer einfach. Nicht erforderlich ist, dass das benutzte Werk von der Neugestaltung völlig überspielt wird. Seine Charakterzüge dürfen noch erkennbar sein, aber sie müssen hinter der neuen Leistung deutlich zurücktreten und sich ihr unterordnen. Wie hoch die Anforderungen dabei an die Neugestaltung sind, richtet sich auch nach der Gestaltungshöhe des verwendeten Werkes. Je individueller und komplexer das benutzte Werk ist, desto umfangreicher und origineller muss die Neuschöpfung sein. Je geringeren Grad an Originalität das benutzte Werk aufweist, desto eher verblassen auch seine Charakterzüge. Zum Beispiel: die Charakterzüge eines Gemäldes, welches aus einem schlichten, blauen Quadrat auf weißer Leinwand besteht, werden aufgrund der geringen Gestaltungshöhe sehr schnell verblassen, wenn ein anderer Künstler in seinem Werk darauf zurückgreift, als beispielsweise die Mona Lisa von Da Vinci, welche einen sehr hohen Gestaltungsgrad aufweist (bei der Mona Lisa besteht freilich die Besonderheit, dass diese bereits gemeinfrei ist und somit sowieso frei verwendet werden kann, ohne dass es auf die Regelung des § 23 Abs. 1 Satz 2 ankäme). Je komplexer und facettenreicher ein Werk also ist, desto höher die Anforderungen.

Wird ein Werk in eine andere, wesensfremde Werkkategorie transformiert, so ist in der Regel von einer freien Benutzung auszugehen. Beispielsweise wenn ein Gedicht in ein Gemälde oder eine Fabel in eine Melodie umgewandelt wird. Bei Übertragungen in wesensgleiche oder verwandte Werkkategorien liegt dagegen eher eine Bearbeitung vor. Zum Beispiel bei dem Nachmalen eines Fotos oder dem Verfilmen eines Romans. Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wird das Thema eines Fotos, beispielsweise ein Portrait, in einem Gemälde verarbeitet, wobei der Maler das Portrait nur als eine von vielen dargestellten Charakteren einer Bildergeschichte darstellt, und es auf diese Weise in einem völlig neuen Kontext setzt, so werden die Charakterzüge des Fotografiewerkes von der neuen Szene überspielt - sie verblassen. In der Regel erfolgt die Abgrenzung nach den konkreten Umständen des Einzelfalls.

V. Rechtsfolgen

Nach § 23 Abs. 1 UrhG ist die Zustimmung des ursprünglichen Urhebers für die Veröffentlichung und/oder Verwertung erforderlich. Das Zustimmungserfordernis zur Veröffentlichung besteht auch, wenn das ursprüngliche Werk bereits veröffentlicht wurde und so der Berechtigte sein Erstveröffentlichungsrecht gem. § 12 Abs. 1 UrhG bereits verbraucht hat. Nach Ansicht des BGH besteht die Gefahr, dass der Urheber des Ursprungswerks mit dem veränderten Werk identifiziert werden könnte und damit seine Interessen verletzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.1988 - I ZR 15/87). Insofern zeigt sich, wie bereits oben dargestellt, dass es hier auch um die Ausübung der Rechte vom ursprünglichen Urheber geht. Die Bearbeitung ist ein eigenes Werk und genießt urheberrechtlichen Schutz. Die Ausübung der Rechte daraus hängt allerdings von der Zustimmung des aus § 23 UrhG Berechtigten ab.

Das Zustimmungserfordernis zur Verwertung kann zunächst irritieren, da bereits in der erstmaligen körperlichen Fixierung der Bearbeitung oder Umgestaltung eine Vervielfältigung gem. § 16 UrhG zu sehen ist und somit eine Verwertung stattgefunden hat (BGH, Urteil vom 03.07.1981 - I ZR 106/79). Allerdings unterliegt aber der Zustimmungsvorbehalt nur Verwertungshandlungen die mit einer Veröffentlichung im Zusammenhang stehen (BeckOK UrhR/Ahlberg/Lauber-Rönsberg, UrhG, § 23, Rn. 15). Folgerichtig ist die Herstellung der Bearbeitung, solange sich diese im Privaten ereignet, frei. Dies gilt aber nicht für alle Werke. Insoweit ordnet § 23 Abs. 2 UrhG Einschränkungen an. Handelt es sich um

  • die Verfilmung eines Werkes,
  • die Ausführung von Plänen und Entwürfen eines Werkes der bildenden Künste,
  • der Nachbau eines Werkes der Baukunst oder
  • die Bearbeitung oder Umgestaltung eines Datenbankwerkes,

bedarf bereits das Herstellen der Bearbeitung oder Umgestaltung der Zustimmung des Berechtigten. Der Gesetzgeber hat dies bezüglich der Verfilmung damit begründet, dass hier bereits die Herstellung nicht im privaten Rahmen erfolgen kann (Begr. BT-Drs. IV/270, 51). Diese Argumentation trifft auch auf Werke der Baukunst zu, allerdings trifft dies nicht notwendigerweise auf die Ausführung von Plänen und Entwürfen eines Werkes der bildenden Künste oder die Bearbeitung oder Umgestaltung eines Datenbankwerkes zu. Hierzu hat der Gesetzgeber eine Begründung nicht geliefert.

VI. Starrer Melodienschutz

Obgleich die Regelung des früheren § 24 Abs. 2 UrhG nicht übernommen wurde, gilt auch weiterhin der starre Melodienschutz. Die Gesetzesbegründung führt dazu lapidar aus: "Der bislang in § 24 Abs. 2 UrhG a. F. enthaltene 'starre Melodienschutz' entfällt, da die erkennbare Übernahme einer Melodie in aller Regel eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG-E darstellt." (BTDrucks. 19/27426, S. 55). § 24 Abs. 2 UrhG a.F. lautete:

(2) Absatz 1 gilt nicht für die Benutzung eines Werkes der Musik, durch welche eine Melodie erkennbar dem Werk entnommen und einem neuen Werk zugrunde gelegt wird.

Damit findet die bisherige Rechtsprechung auch weiterhin Anwendung - trotz beachtlicher Kritik in den einschlägigen Kommentierungen und dem weiteren Schriftum, sowie der Ablehnung in großen Teilen der Gesellschaft. Nach ansicht des BGH bedürfe die Übernahme selbst "kleinster Tonfetzen" das Einverständnis des Urhebers. Mit der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 GG ist dies kaum vereinbar und geht zu Lasten der Allgemeinheit, der Kreativität und des kulturellen Fortschritts.

(Stand: 09/2022)