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Beweise sichern

Die meisten Urheberrechtsverletzungen in der anwaltlichen Praxis heutzutage haben einen Bezug zum Internet. Illegale Downloads über Tauschbörsen, Ebay-Fotoklau, unberechtigte Nutzungen von Bildern auf Webseiten oder illegale Tracks auf Spotify, mit denen Krimminelle Streams "stehlen", die Liste der Fallkategorien ist umfangreich.

Nicht selten mündet ein solcher Fall in einem gerichtlichen Verfahren. Umso wichtiger ist es für den Urheber, so früh wie möglich Beweise zu sichern. Denn: sind die Inhalte ersteinmal gelöscht, ist es schwierig, Beweis zu erheben und den Fall zu dokumentieren. Das passiert zum Beispiel wenn der Urheber zunächst allein versucht, die Angelegenheit zu regeln, und rechtswidrige Inhalte löschen lässt, und danach einen Anwalt aufsucht, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Normalerweise trägt der Urheber für eine behauptete Rechtsverletzung die Darlegungs- und Beweislast, das heißt, er muss die Beweismittel vorlegen, wenn er Ansprüche - welcher Art auch immer - durchsetzen will.

Betroffene Urheber und Künstler sollten deshalb immer als aller Erstes sich etwas Zeit nehmen, und in Ruhe Beweise sichern. Hierbei ist Sorgfalt geboten. Oft bekommt der Anwalt Screenshots vom Handy vorgelegt, in denen weder die Quelle (URL der Webseite) noch das Datum der Aufnahme ersichtlich sind. Machmal sind noch Angaben im Dateinamen zu finden, jedoch ist die Änderung eines Dateinamens spielend einfach und hat deshalb nur geringen Beweiswert. Mit solchen "Beweismitteln" kommt man nicht weit, auch erleichtern sie nicht die Arbeit des Anwalts, der sich die fehlenden Daten dann mühsam erfragen muss und im schlechtesten Fall hat der Mandant keine Antworten.

Beweise sicherst Du im Internet somit besser über den PC bzw. Laptop oder wenigstens über das Tablet. Nützliche Browser-Erweiterungen, wie z.B. Atomshot, helfen dabei, dass wirklich alle Daten gesichert werden, einschließlich Datum und URL der Webseite. Im Musik- und Videobereich sollte neben den Screenshots auch kurze Screencaptures, also Videos, von den Webseiten gesichert werden, in denen man für wenigstens 10 Sekunden das Video bzw. den Ton des illegalen Inhalts (z.B. ein Stream) wahrnehmen kann. Das kann im Ernstfall streitentscheidend sein.

Angefertigte Screenshots sollten die Rechtsverletzung möglichst gut dokumentieren. Lieber einen Screenshot zuviel als einen zuwenig machen! Wenn möglich, sollten Rechtsverletzungen in verschiedenen Darstellungen (wenn vorhanden) dokumentiert werden, z.B. als Thumbnail(s) und in der Einzeldarstellung. Bei Webseiten kann man ergänzend auch den Quellcode sichern. Ebenfalls hilfreich kann es insbesondere bei visuellen Inhalten sein, die URL des Bildes seperat zu öffnen und ebenfalls durch einen Screenshot zu sichern.

Oft ist es von Vorteil, bereits frühzeitig einen Rechtsanwalt einzuschalten, und über das weitere Vorgehen zu beraten. Auch kann der Rechtsanwalt einen Blick auf die gesicherten Beweise werfen. Der Rechtsanwalt kennt wichtige Fristen, die zu beachten sind, wenn man zum Beispiel eine einstweilige Verfügung erwirken muss, weil z.B. die Gegenseite auf Löschungsanfragen (nach erfolgter Beweissicherung!) nicht reagiert. In manchen Gerichtsbezirken sind die dafür einzuhaltenden Fristen sehr kurz bemessen, und oft benötigt der Anwalt im Vorfeld noch zusätlich Zeit, um beispielsweise eine Abmahnung auszusprechen. Eine Abmahnung kann im Einzelfall nötig sein, um überhaupt eine Haftung auszulösen. Sie kann auch eine Rolle spielen bei der Frage, wer die Kosten in einem Rechtsstreit zu tragen hat. Eine Abmahung und Zeit für die Gegenseite, zu reagieren, sollte man somit immer einplanen.

Berlin, den 13.11.2023